Geschichte - Schlaglichter

Was menschlicher Geist bisher mit allen Mitteln modernster Technik an Stoffen und Geweben hervorgebracht hat – keines seiner Gebilde war im Stande der menschlichen Erscheinung einen schöneren Rahmen zu geben als das wunderbare Fell eines Tieres, wobei sein Nutzen und Zweck, den Menschen zu schützen und zu wärmen, fast immer an erster Stelle stand.
Da Pelzbekleidung gleichzeitig allen Bedürfnissen wie Schönheitssinn, Wärme und Schutzbedürfnis entsprechen kann, hat das Tragen von Pelzen seit es Menschen gibt bis auf den heutigen Tag nie seine Faszination verloren.
Die Geschichte der Pelze und der Kürschner würde Bände füllen. Wenige Schlaglichter aus der Vergangenheit sollen die Bedeutung unseres Handwerks und seiner Erzeugnisse erhellen.

Medaillons Kürschnerhandwerk

Medaillons aus dem Fenster des hl. Eustachius, die Kürschner betreffend.
Links: Meister, der als Zeichen des Gewerbes ein Fehfutter ausbreitet
Rechts: Verkauf eines Fehfutters (Erzeugnis des Handwerks)

Beim Herannahen der kalten Jahreszeit rät Hesiod, Dichter des 7. Jahrhunderts v. Chr., solle man junge Zickelfelle mit Ochsensehnen zusammennähen und über die Schultern tragen – dazu eine gut passende Pelzmütze, den »Pilos« aufsetzen.

Die Helden im 10. Gesang der Ilias zeigen sich in gelbgeflecktes Löwenfell gehüllt. Dolon besitzt einen Mantel aus hellschimmerndem Wolfsfell und einen Helm aus Marder. Weniger kostbare Felle von Schafen und wilden Büffeln dienen ihnen dagegen als Lagerstätte. Hermes, der Götterbote, im enganliegenden Fellkleid, Athene, Göttin der Weisheit mit einem Überwurf aus Ziegenfell und Dionysos samt Gefolge trugen die »Nebride«, ein kurzes Fellkleid aus Hirschen, Ziegenböcken oder Füchsen. So wird es von Homer geschildert.

Eine Kürschner-Innung in Rom, 56 n. Chr.
»Corpus Pellionum«, die Korporation der Pelzer, gründet sich in Ostia und stellt somit den Uranfang unserer heutigen gewerblichen Organisation dar.
Die »Pellioni« (Kürschner) fertigen im Reiche des Cäsar und Augustus vorwiegend Teppiche, Decken und Sitze aus Fellen für den dekorativen Hausgebrauch. Pelzbekleidung der »Barbaren«, vorwiegend nordischer Herkunft, war noch verpönt. Sollte sich aber ändern nach regelmäßigen Feldzügen in das Innere Germaniens und Britanniens. Man fand gefallen an schönem Pelzwerk und kalt war es dort außerdem.
Kaiser Honorius konnte den Siegeszug der Pelzmode nicht rückgängig machen. Vergeblich war sein Edikt im Jahre 397 n. Chr., in welchem er das Pelzetragen nur Angehörigen des kaiserlichen Hofes vorbehalten wollte.

Pelzpreise explodieren. Der Kaiser greift ein!
Diokletian setzt Höchstpreise par Dekret für alle handelsüblichen Waren fest, so auch für Felle und Pelzwaren. Die steigende Teuerung ist Folge des bekannten Niedergangs der römischen Zivilisation.

Besonders begehrt und teuer ist das Fell des Seehundes, möglicherweise wegen der langen Reise bis es auf den Markt kommt und wegen des Aberglaubens, daß es vor Blitzschlag schütze. Ein Ziegenfell kostete das Doppelte eines Biberfelles, ein Seehund zehnmal soviel wie ein Bär. Auch für das Gerben (heute Zurichten) bestanden Maximalpreise – so stand es in lateinischer und griechischer Sprache in Marmor graviert und in allen Provinzen öffentlich ausgestellt. Auf Zuwiderhandlung war die Todesstrafe ausgesetzt.

Der Pelzrock der Franken bestand aus 3 Teilen – einem Rückenteil und zwei Vorderteilen – und entwickelte sich aus dem »Rheno« der Germanen. Dies war ein langes Rechteck, welches über die Schulter geschlagen und mit einer Spange gehalten getragen wurde. Es bestand meist aus zwei großen Fellen.

Zur Ausbildung eines reinen Handwerks kommt es dann in nachrömischer Zeit.
Die römische Kultur hat das Schmuck- und Schönheitsbedürfnis der Germanen geweckt. Soziale Schichtungen entstehen. Adel und Könige tragen die seltensten Felle wie Hermelin, Zobel und Feh. Der Mittelstand soll sich mit Pelzverbrämungen begnügen. Die Kleidung wird der Körperform angepaßt und wird immer luxouriöser.

Karl der Große (742-814), ein Luxusverachter, hat kein Verständnis für die Pelzsucht seines Hofstaates. Er verachtet teures Pelzwerk. Kleidung aus Marder, Otter, Biber, Katzen, Siebenschläfer, Feh und Hermelin werden am Hofe getragen. Er hat für sich die einfache germanische Tracht aus Schafspelz bevorzugt und in Ehren gehalten.
Wieder einmal tritt eine Kleiderordnung im Jahre 808 in kraft und verbietet, den besten Mantel mit Marder oder Otter gefüttert, teurer als 30 Sols und mit Katzen gefüttert teurer als 10 Sols zu verkaufen. Es gibt jetzt Handwerker und Händler, die auf Vorrat arbeiten und frei verkaufen können. 30 Städte haben ein Privileg zur Abhaltung von Märkten und können handwerklich produzieren. Pelzhandwerker fertigen Mäntel, Pelzröcke, Wämser, Gamaschen, Winterhandschuhe und Muffen.

Die pelzsüchtigen Kreuzfahrer unter Gottfried von Bouillon ziehen 1096 durch Griechenland. Kaiser Alexis von Griechenland staunt: Waffenröcke und Mäntel mit Pelz gefüttert, mit Federn, Vogelbälgen, bunter Seide und Silberstoffen bestickt und benäht, um Person oder Würde seines Trägers kenntlich zu machen.
Philipp II und Richard III ist dies zuviel. Sie verbieten im Jahre 1190 auf dem zweiten Kreuzzug das Tragen von Zobel, Hermelin und anderem kostbaren Pelzwerk. Edles Rauchwerk, in der Kleidung ein Zeichen von Noblesse und Würde, findet man als Schmuck und Abzeichen auf Wappen und Schildern wieder.

124 Kürschner präsentieren ihre Erzeugnisse zur »Nördlinger Pfingtsmesse« im Jahre 1467. Allein 28 von ihnen kommen aus Nürnberg. Im Jahr darauf sind von hundert Kürschnern 30 aus Nürnberg. Diese jährliche Messe im Nördlinger Ries ist einer der bedeutendsten »Messestandorte« im süddeutschen Raum. Auch erscheinen dort regelmäßig viele Pelzhändler mit einem großen Rauchwaren- und Häuteangebot, welches zu einem Gutteil über Prag gehandelt wird.

Handwerkslade der Kürschner | Foto: Museen der Stadt Nürnberg

Im Fembohaus, heute ein Museum in Nürnberg, legt eine prächtige Handwerkslade der Kürschner Zeugnis ab von der großen handwerklichen Vergangenheit unseres Handwerks. Richard Wagner verewigte die Figur eines Kürschners als Meistersinger Kunz Vogelgesang in der Oper »Die Meistersinger von Nürnberg«.

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Foto mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. Kubach-Reutter

Das heutige Berufsbild des Kürschners ist erst 150 Jahre alt, denn vor 1850 war es auch Aufgabe der Kürschner, die zu verarbeitenden Felle vorher zu gerben und zu färben. Man spezialisierte sich, und es entstand der Beruf des Bankkürschners, welchem das Gerben und Färben oblag, und des Nadelkürschners, welcher nur noch gestaltete und nähte. Jetzt erst beginnt die Zeit moderner Pelzbekleidung.

Edelpelze in Paris um 1900

1880 werden die ersten Paletots und Mäntel ganz aus Persianer vorgestellt und 1900 zur Pariser Weltausstellung wird ein Reigen von Edelpelzen gezeigt. Ein bodenlanger, taillierter, ausgelassener Nerzmantel erregt besondere Bewunderung. 200 Gesellenstunden und 1000 Näherinnenstunden waren dazu nötig – heute unbezahlbar.

Die Pelzzentren in Paris, Berlin und Wien entwickeln sich Anfang des 20. Jahrhunderts rasch. 1913 arbeiten 500 »Chambremaitres« in Paris. Pelzbesätze werden meterweise in großen Mengen hergestellt – meist in Heimarbeit.
Die beiden Weltkriege lassen den Handel und die Einführung von Edelpelzen aus Devisenmangel zurückgehen.

In Deutschland wird nach dem Krieg auf heimische Produkte zurückgegriffen. Kanin, Bisam, Fohlen und Kalb kommen zu Ehren, bis das Wirtschaftswunder einen neuen Pelzboom entstehen läßt. Deutschland wird zum größten Pelzverbraucher. Namhafte Konfektions- und Veredelungsbetriebe entstehen in der Tradition des »Leipziger Brühl«, dem Pelzzentrum der Vorkriegszeit.

Sehr konstruktive und viel unberechtigte Kritik von Seiten der Tierrechtsbewegung schadeten der Akzeptanz des Pelzes in der Öffentlichkeit. Jedoch wird jetzt Pelz zunehmend in neuem Licht gesehen.
Umweltverträglichkeit – Wiederverwendbarkeit – Langlebigkeit – nachwachsender Rohstoff – Entsorgbarkeit – diese Anforderungen an ein Öko-Produkt hat das handwerkliche Erzeugnis Pelz auf seiner Seite. Zum Nutzen unserer Umwelt, zum Schutz vor unserer unwirtlichen Umwelt und zum grenzenlosen Wohlfühlen der Menschen.

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Text: Reinhold Metz | Stephanie Metz